Interview mit Marc Eichenberger vom Grand Hotel Kronenhof

Bildquelle: Grand Hotel Kronenhof

Europa

 

Der Schweizer Hotelier Marc Eichenberger führt seit 2013 das Grand Hotel Kronenhof im schönen Schweizer Dorf Pontresina. Das noble Haus hat eine 170-jährige Tradition. Heute zählt das Grand Hotel Kronenhof zu den besterhaltenen Grandhotels des 19. Jahrhunderts.

Unsere Redaktion besuchte das Haus für einige Tage und hatte Gelegenheit Marc Eichenberger für ein Interview zu gewinnen. Bevor er die Leitung des Grand Hotel Kronenhof übernahm, war Eichenberger unter anderem im Fünf-Sterne-Resort Park Weggis sowie im Fünf-Sterne-Hotel Suvretta House in St. Moritz tätig. Er kennt sich also in der Region gut aus.

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Im vergangenen Jahr gestaltete der französische Architekt Pierre-Yves Rochon Teile des Grand Hotel um. Ziel der Umgestaltung war, das unter Denkmal­schutz stehende Fünf-Sterne-Superior-Haus vom Neobarock in die Neuzeit zu führen ohne dem Haus seinen besonderen Charme zu nehmen.

Wir sprachen mit Marc Eichenberger über den teilweisen Umbau des Grand Hotel Kronenhof, die Destination Pontresina – umgeben von Berggipfeln, die bis über 4000 m hoch sind – und darüber warum das Hotel eine Grand Dame ist.

www.kronenhof.com

INTERVIEW MIT MARC EICHENBERGER

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Susan Mauer: Lieber Herr Marc Eichenberger, lassen Sie uns mit einem Geständnis beginnen: Wir sind bei Ihnen im Grand Hotel zu Gast und müssen gestehen, es gefällt uns sehr gut bei Ihnen.

Marc Eichenberger: Das freut mich natürlich sehr und vielen Dank für das Kompliment. Obwohl bei einem Kurzbesuch von drei Tagen bleibt lediglich Zeit alles kurz kennenlernen zu können. Erst bei einem längeren oder bei einem wiederholten Aufenthalt würden Sie die komplette Ambiance kennen und schätzen lernen.

Susan Mauer: Wir kennen Pontresina bereits von früheren Besuchen und genießen jeden Aufenthalt in diesem kleinen, beschaulichen Schweizer Dorf. Wenn wir zwischen St. Moritz und Pontresina wählen müssten, würden wir uns für Pontresina entscheiden. Gerade der ursprüngliche, dörfliche Charakter, die Absenz der Nobel-Boutiquen und das typische Schweizer Unterstatement sind wunderbare Qualitätsmerkmale. Widersprechen Sie uns?

Marc Eichenberger: Pontresina ist ein typischer alpiner Ferienort, und das Grand Hotel Kronenhof passt perfekt dazu. Doch macht es doch gerade die Mischung und Vielfalt aus, welche das Engadin so speziell macht. Lediglich sechs Kilometer liegen zwischen den beiden Ortschaften, die so unterschiedlich sind.

Susan Mauer: Das Engadin mit seinem bis 1800 Meter hoch gelegenen Tal, ist eine beeindruckende Kulisse für das Fünf-Sterne Grand Hotel Kronenhof. Ihr Haus ist kein Neubau, sondern beachtenswerte 174 Jahre alt. Wie leitet man eine solche Hotelpreziose?

Marc Eichenberger: Unsere Grande Dame benötigt viel Zuneigung, bzw. investieren wir jedes Jahr einen beträchtlichen Betrag in den Unterhalt, um das Hotel à jour zu halten. Es ist eine Grande Dame, und teilweise auch eine Diva mit Ecken und Kanten und ihren Tücken.

Gerade in der Zwischensaison oder bei Umbauphasen kommen immer wieder Überraschungen zum Vorschein.

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Susan Mauer: Sie erneuern dieses Haus aus der Zeit der Belle Époque behutsam, anders kann man mit einem unter Denkmalschutz stehenden Haus auch nicht umgehen. Sie haben einige Räume aktuell mit dem französischen Architekten Pierre-Yves Rochon verändert. Der bekannte Architekt ist in der gehobenen Hotellerie zuhause und logiert mit seinem Büro in wunderschönen Paris. Warum sollte es Rochon sein und kein Schweizer Architekt?

Marc Eichenberger: Pierre-Yves Rochon versteht es hervorragend geschichtsträchtige Häuser zu modernisieren, ohne dass deren Geschichte und Ambiance verloren gehen. Jedem Haus belässt er den individuellen Stil und adaptiert bzw. transportiert diesen mit feinen Akzenten in die Neuzeit. Statt sich selber ein Denkmal zu setzen, schaut er behutsam auf die ursprüngliche Architektur und die verwendeten Materialien und setzt diese in seinen Arbeiten wieder ein.

Susan Mauer: Pierre-Yves Rochon hat ganze Arbeit geleistet. Die Lobby, das Fumoir, die Suiten und nicht zuletzt die herrliche Bar sind wohl gelungen. Besonders die Bar, die etwas „gegen den Strich gebürstet“ ist, hat uns sehr gut gefallen. Der Mut zu der ausgefallenen Farbgebung, dem schönen Interieur und der tollen Beleuchtung in der Bar haben sich gelohnt. Chapeau!

Marc Eichenberger: Vielen Dank für dieses Kompliment. Wir wollten bewusst der Bar ihre eigene starke Identität und Charakter geben. Es ist jedoch das Gesamtspiel der verschiedenen Farben und Materialien, welches die Bar so besonders macht.

Dies zeigte sich stark bei der Neugestaltung: als erstes waren die Wände und Decke in einem kräftigen violetten Farbton gestrichen, was komplett unpassend wirkte und mir während der Umbauphase schlaflose Nächte bescherte. Nun mit der Fertigstellung und dem kompletten Farbenspiel kommt dieser Farbton nicht mehr einzeln zur Geltung, sondern ordnet sich unter.

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Susan Mauer: Sie haben sehr viele Stammgäste, wie haben die auf die neue Innenarchitektur reagiert?

Marc Eichenberger: Unsere Stammgäste sind sich gewohnt, dass wir Jahr für Jahr mit Neuerungen auffahren. Ja, sie haben sogar die Erwartung an uns, immer wieder mit Neuerungen überrascht zu werden. Zur Neugestaltung unserer Bel Etage waren die Rückmeldungen ausnahmslos begeisternd.

Susan Mauer: Lassen Sie uns über Qualitäten sprechen, die man nicht sieht. Charakterköpfe wie der Barkeeper Henri machen ein gutes Hotel aus und gestalten den Aufenthalt sehr individuell und auf unvergessliche Art. Leider können wir nicht ihr ganzes Personal namentlich nennen, obwohl diese es verdient hätten. Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihr Personal aus? Gibt es eine hauseigene Schulung?

Marc Eichenberger: Ich darf mich glücklich schätzen, viele langjährige Mitarbeitende im Team zu haben.

Auf jeden Fall führen wir anfangs Saison intensive Schulungen durch. Mit der Teamzusammensetzung werden die neuen im Team mitintegriert und es ist mir wichtig, dass sie sich schnell gut aufgehoben fühlen. Klar haben wir gewisse Standards und Abläufe zu verfolgen, doch sollen sich die Mitarbeitenden nicht verstellen müssen, sondern sollen ihre Persönlichkeit und eigenen Charakter behalten dürfen.

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Susan Mauer: Ein gutes Hotel hat selbstbewusstes Personal, das dem Dialog mit dem Gast den gebührenden Rahmen gibt. Dazu gehört, dass Bedienstete über entsprechende Zeitfenster verfügen. Wie gelingt Ihnen dieses Niveau, denn auch ein gehobenes Haus arbeitet unter Kostendruck?

Marc Eichenberger: Jede und jeder Einzelne sollen sich als Gastgeber und Botschafter des Hotels sehen. Ich möchte, dass die Mitarbeitenden die Gäste so betreuen, als wären es ihre besten Freunde bei sich zu Hause.

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Susan Mauer: Was dürfen wir in Zukunft vom Grand Hotel Kronenhof erwarten?

Marc Eichenberger: Machen Sie es so, wie unsere Stammgäste: kommen Sie regelmäßig zurück und lassen Sie sich überraschen, was als nächstes kommt. Viele Gäste erzählen mir jeweils, dass der Kronenhof wie eine Droge wirkt und eine gewisse Abhängigkeit auslöst, die man nur mit regelmäßigen Aufenthalten stillen kann.

Während der diesjährigen Zwischensaison führen wir wiederum zahlreiche Erneuerungen durch um unsere Grand Old Lady in ihrem hohen Alter in Schuss zu halten. Und für kommendes Jahr sind wir dabei, weitere Zimmer und Suiten im Stammhaus zu renovieren – wiederum mit Pierre-Yves Rochon.

Susan Mauer: Herr Eichenberger, vielen Dank für die Gelegenheit zum Interview mit Ihnen.