Flamingos, Highlander, Moorlandschaften und Mustangs im Münsterland

Europa

 

Um den „Wilden Westen“ zu erleben reicht oft ein Ausflug nach Nordrhein-Westfalen: Genau wie im „richtigen“ Westen der USA leben hier Wildpferde weitgehend ohne menschliche Einmischung. Die Landschaft im Westen des Münsterlandes bis zur niederländischen Grenze wird geprägt von weiten, offenen Weideflächen und urwüchsigen Mooren. Dazu lebt hier seit vielen Jahren die nördlichste Flamingo-Kolonie der Welt.


Autor: Werner Menzel. Fotos: werner-menzel.de


Unser erstes Ziel einer ereignisreichen Woche im Münsterland ist der Merfelder Bruch bei Dülmen. In diesem weitläufigen Moor- und Heidegebiet leben seit 1316 – so die erste urkundliche Erwähnung – die wilden Pferde des „Herrn von Merfeld“. Noch zu Beginn des vorherigen Jahrhunderts gab es in Westfalen mehrere Wildbahnen, also Gebiete, in denen Wildpferde ohne menschliche Kontrolle lebten.

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Foto: werner-menzel.de


 

Die Teilung der gemeinschaftlich genutzten Grundflächen des Merfelder Bruchs in der Zeit zwischen 1840 und 1850 hatte jedoch nicht das Ende der dort lebenden Wildpferde zur Folge. Dies ist das Verdienst der Herzöge von Croÿ. Sie ließen die Wildpferde einfangen und boten ihnen auf der Wildpferdebahn einen neuen Lebensraum, der bis heute erhalten blieb.

Wilde Pferde in freier Natur

Auf einer Fläche von rund 400 ha leben heute rund 400 Tiere, die in einem Gelände aus Weidengestrüpp, Birken, Moor und Nadel- und Eichenwäldern Unterschlupf finden. Sie sind ganzjährig auf sich gestellt und unterliegen so auch einer natürlichen Auslese. So wurde das Dülmener Wildpferd zu einer der härtesten und anspruchslosesten Rassen. Für Besucher und Pferdefreunde finden vom Frühjahr bis in den November hinein Führungen durch das Gelände statt. Hier finden Gäste der Herzog von Croÿ´schen Forstverwaltung in Försterin Friederike Rövekamp eine kompetente Ansprechpartnerin. Auf einem Rundgang kann die friedlich grasende Herde mit den spielenden Fohlen beobachtet werden. Wer sich ein wenig Zeit nimmt, kann dann auch als Laie das instinktive Verhalten der Tiere im Herdenverband erkennen.

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Foto: werner-menzel.de

Nördlichste Flamingokolonie

Bevor es am nächsten Tag ins Naturschutzgebiet Zwillbrocker Venn geht, bietet es sich an, die Münsterländer Gastfreundschaft und Küche zu erkunden. Unsere Wahl fällt dabei auf das Hotel Hermannshöhe im kleinen Örtchen Legden (zwischen Ahaus und Coesfeld gelegen). Hier wartet neben regionaltypischen Speisen in der Saison auch ein gemütlicher Biergarten auf die Gäste. So gestärkt sind unsere Sinne für einen ganz besonderen Ort geschärft: In unmittelbarer Nähe der biologischen Station Zwillbrock in Vreden finden wir eine Beobachtungsremise unmittelbar am Brutgebiet der Flamingokolonie Münsterland. Diese Kolonie ist die nördlichste Brutkolonie weltweit. Das Zwillbrocker Venn ist geprägt von Feuchtwiesen, Moor- und Heidelandschaft sowie flachen Seen. Während in dem Gebiet früher Torf gestochen wurde, füllte sich die Mulde nach Beendigung der Nutzung allmählich mit Wasser und ließ ein Vogelschutzgebiet mit besonderer europaweiter Bedeutung entstehen. Einen Wegweiser dorthin braucht man eigentlich nicht, denn die rund 10.000 Lachmöwen, die hier ebenfalls brüten, machen schon von Weitem auf sich aufmerksam. Zum Schutz der Flamingos und deren Nester sind in der trockenen Sommerzeit Zäune installiert, die Füchse und andere Störenfriede abhalten. Den Winter verbringen die Flamingos dann gleich hinter der Grenze in Südholland.

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Foto: werner-menzel.de

Landschaftspfleger mit Horn

Gleich hinter der Stadtgrenze von Ahaus finden wir dann ein weiteres Natur-Highlight der Region. Das Witter Venn ist eine Mischung aus trockenen Heideflächen und ursprünglichen Moorlandschaften, in denen man unter anderem auch eine Herde besonders zotteliger und witterungsbeständiger Landschaftspfleger antrifft. Die schottischen Hochlandrinder (Highland Cattles) sind auch die rauen Winter gewohnt und bleiben sich weitgehend selbst überlassen.

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Foto: werner-menzel.de

Wollgras wiegt sich im Wind

Nur wenige Kilometer weiter erwartet uns schließlich ein besonders ursprüngliches Naturerlebnis. Die „Fürstenkuhle“ im Naturerbe Kuhlenvenn bei Gescher zeigt uns eindringlich, wie einst die Landschaft der Region beschaffen war. Von lichten Wäldern mit Birken, Erlen und Eichen über feuchte Heideflächen bis hin zu trügerischen Moorböden, die man nicht abseits der Wege betreten sollte, reicht die Palette. Um hier keine Zerstörungen anzurichten, wird der Besucher über gut angelegte Bohlenwege durch das Terrain geführt und findet an besonders exponierten Stellen attraktive Aussichtspunkte mit Bänken und Infotafeln. Die Fürstenkuhle selbst ist ein Moorsee, der besonders im Frühjahr zu einem Meer aus Wollgras wird, das sich hier im Wind wiegt.

Weitere Informationen

www.duelmen.de
wildpferde.de
www.landhotel-hermannshoehe.de
www.bszwillbrock.de/de/biologische-station-zwillbrock
naturerlebnis-kuhlenvenn.de

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Foto: werner-menzel.de